Philosophieren am Abtei-Gymnasium

Geburtsakt der Philosophie (Christian Morgenstern) 

Erschrocken staunt der Heide Schaf mich an,

als sähs in mir den ersten Menschenmann.

Sein Blick steckt an; wir stehen wie im Schlaf;

Mir ist, ich sah zum ersten Mal ein Schaf.

Was hat ein Schaf mit Philosophie zu tun? Im Allgemeinen wohl wenig. Denn das Schaf ist zwar ein nettes, kuscheliges Tier, gehört aber nicht gerade zu denjenigen Geschöpfen, denen man gemeinhin höheren Intellekt zuspricht. Die Philosophie hingegen ist nun so gar keine Kuschelwissenschaft, sondern nach allgemeiner Vorstellung eine sehr abstrakte, komplizierte und schwierige Angelegenheit – weswegen sie auch manche Leute rundweg ablehnen.

Das ungewöhnliche Schaf im Gedicht von Christian Morgenstern kommt trotzdem als ein rechter Philosoph daher. Denn es tut drei Dinge, die im Grunde gar nicht so schwierig sind und am Anfang jeden Philosophierens stehen.

Erstens staunt das Schaf einfach. Wenn wir staunen, so beginnen wir, uns über die uns umgebenden vertrauten Dinge zu wundern, sie aus ihrer gewohnten Alltäglichkeit zu heben und sie neugierig so zu betrachten, als sähen wir sie das erste Mal. Im Staunen, in der Verwunderung begeben wir uns auf eine erste philosophische Suche nach der Wahrheit.

Zweitens erschrickt das Schaf ganz ordentlich. Auf eine Welt zu schauen, die uns durch das Staunen neu und fremd erscheint, kann uns tatsächlich erschrecken, verwirren, uns an dem, was wir bisher unbesehen für richtig und falsch hielten, zweifeln machen. Und auch dies, das Zweifeln am bislang Selbstverständlichen, gehört wesentlich zum Philosophieren.

Drittens staunt das Morgensternsche Schaf nun so intensiv, dass es den zufällig vorüberkommenden „Menschenmann“ damit ansteckt – auch dies ist ein höchst philosophischer Akt. Philosophie braucht ein Gegenüber, sie vollzieht sich immer im Gespräch, im Spiel von Frage, Antwort und erneuter Frage. Und wer einmal mit philosophischen Fragen in Berührung gekommen ist, den lassen sie oft nicht mehr los. Denn sie gehören mit zu den spannendsten Fragen überhaupt.

Wen diese kurze Vorstellung des Philosophierens nicht abgeschreckt, sondern neugierig gemacht hat, der sei herzlich eingeladen, mit uns am Abteigymnasium zu philosophieren. Die Fächer Praktische Philosophie (Kl. 5-9) und Philosophie (Jgst. 10-12) richten sich an alle Schülerinnen und Schüler, die über alltägliche Dinge staunen mögen, die an scheinbaren Gewissheiten zu zweifeln wagen und die Freude daran haben, viele Fragen zu stellen, fragend mit anderen zu denken und sich in andere hineinzudenken.

Sofia Kaltwasser, Der Philosoph, Kl. 8dKinder und Jugendliche werden heute durch das Zusammentreffen unter­schiedlicher Kulturen mit einer Vielzahl teils konkurrierender Sinnangebote und Werte konfrontiert. Gesellschaftliche Prozesse und Arbeitsstrukturen erscheinen jungen Menschen im Zuge der Globalisierung zunehmend un­übersichtlich. Und durch den wachsenden Einfluss der virtuellen Medien entsteht für sie ein Dschungel verschiedener Wirklichkeiten, in dem die Verbindlichkeiten echter sozialer Beziehungen an Bedeutung verlieren.

Zentrales Anliegen des Faches Praktische Philosophie ist es, Schülerinnen und Schülern in unserer modernen Lebenswelt einen Raum der Orientie­rung zu schaffen, in dem sie sich mit zentralen Sinn­fragen und Wertvorstellungen auseinander setzen.

Anita Mikosch, Platons Höhlengleichnis,  Jahrgangsstufe 10Im Fach Philosophie wird die Einübung in Fertigkeiten des Philosophierens aus der Praktischen Philosophie fortgeführt und wissenschafts-propädeu­tisch vertieft. Philosophieren auf dieser Stufe bedeutet, auf der Suche nach verantwortungsvollen Handlungsmaßstäben zunehmend Urteilskompetenz zu gewinnen und zu einem begründeten Selbst- und Weltver­ständnis zu gelangen, das gleichzeitig zum toleranten Umgang mit anderen Menschen- und Weltbildern befähigt.

Vorkenntnisse aus der Sekundarstufe I werden für diejenigen Schülerinnen und Schüler, die in der Oberstufe zur Philosophie neu hinzukommen, nach­geholt und angeglichen.

Für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II, deren philosophische Interessen über den Rahmen des Unterrichts hinausgehen, findet alljährlich im November ein philosophischer Essay-Wettbewerb auf Landesebene statt. Die Sieger dieses Wettbewerbs sind zu einer philosophischen Winterakademie in Münster jeweils im Februar des Folgejahres eingeladen. Der Wettbewerb soll als Ermutigung dienen, sich im Essay-Schreiben zu üben und eigene philosophische Überlegungen zu formulieren.

 

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